Reiseführer

Ob wir von der Pfalz aus über Lauterburg oder über Schweigen nach Weißenburg in den nördlichen Teil des Elsaß einreisen, sofort fällt uns die verschiedene Schreibweise der Ortsnamen auf. Wir lesen „Lauterbourg“ – französisch „Loterbur“ ausgesprochen – statt „Lauterburg“, „Wissembourg“ statt „Weißenburg“ und später „Strasbourg“ – französisch „Strasbur“ ausgesprochen. Ein Ort mit der Endsilbe „hofen“ wird „hoffen“ geschrieben, aus „weiler“ wird „villé“, aus „weier“ wird „wihr“, um nur einiges zu nennen.

Grund zu dieser Veränderung ist, zu bewirken, daß auch nicht deutsch Sprechende, die etwa aus dem Innern Frankreichs zugezogen sind und an sich schon Mühe haben, manche Ortsnamen auszusprechen, die Ortsnamen wenigstens in einer ihnen vertrauten Schreibweise lesen können, wobei freilich oft Sinn und Herkunft des Namens – und jeder Ortsname hat ja auch seine Geschichte – entstellt wird und verlorengehen kann.

Daß Straßburg seinen Namen als Burg an der Straße erhalten hat, geht z. B. aus Strasbourg nicht mehr hervor.

Bisweilen wurden Ortsnamen auch dem Volksmund, der ja seine eigenen Gesetze hat, abgehört und werden entsprechend geschrieben. Verhältnismäßig gering sind die Fälle, bei denen man, ähnlich wie in Südtirol, völlig andere Namen eingesetzt hat, z. B. Cernay für Sennheim, Ribeauvillé für Rappoltsweiler, oder Namen übersetzt hat, so Lützelstein in La Petite Pierre.

Da dieser Text hauptsächlich Besuchern aus Deutschland dienen soll, benützen wir bei Ortsangaben vorwiegend die deutschen, ursprünglichen Bezeichnung und fügen nur gelegentlich zur Orientierung die französische, amtliche bei.

Wir beginnen unsere Fahrt in Lauterburg, einem Städtchen, das schwer unter Kriegen gelitten hat, auch zu Beginn und am Ende des Zweiten Weltkrieges. Die Fahrt geht hart an der pfälzisch-elsässischen Grenze und den ehemaligen „Weißenburger Linien“ entlang, die an die seit Ludwigs XIV. Eroberungen zwischen Deutschland und Frankreich immer wieder aufflammenden Kämpfe erinnern.

Wir können aber auch über den pfälzischen Ort Schweigen durch das „Weintor“ ins Elsaß einreisen und kommen nach Weißenburg, das seinen Ursprung einem einflußreichen Benediktinerkloster aus der Merowinger- und der Karolingerzeit verdankt und Besitzungen bis zum Neckar hatte.Dort schrieb um das Jahr 870 Otfried von Weißenburg seine „Evangelienharmonie“ für Ludwig den Deutschen, eines der bedeutendsten althochdeutschen Sprachdenkmäler.

Sehenswert sind die gotische Klosterkirche und die erhaltenen Baulichkeiten des Klosters, ferner schöne Häuser, die ein malerisches Stadtbild ergeben. Auffallend ist, daß an der Grenze der Weinbau schlagartig aufhört, obwohl die Voraussetzungen sicher vorhanden wären. Es gibt eben im mittleren und im südlichen Elsaß noch bessere Bedingungen. Der Weinbau in der Weißenburger Gegend deckt kaum mehr als den eigenen Bedarf.

Von Weißenburg führt die Nationalstraße (N 63) nach Sulz unterm Wald (Soultz sous Forêts). Falls die Zeit reicht, sollten sich Besucher die schönen Fachwerkdörfer Hunspach und Hofen nicht entgehen lassen.

Zum Vergrößern auf die Abbildung klicken.

Von Sulz u. W. können wir über die D 28 durch das ehemalige Erdölgebiet von Pechelbronn durch Wörth nach Fröschweiler, das wie Wörth einer der beiden Brennpunkte der ersten großen Schlacht des Krieges von 1870/71 war, fahren. Die evangelische Friedenskirche in Fröschweiler wurde 1873 bis 1876 mit Hilfe von Spenden aus ganz Deutschland errichtet, auch Kaiser Wilhelm I. gehörte zu den Spendern, zahlreiche deutsche Landesherren trugen zur Innenausstattung bei. Von dort geht es weiter nach Reichshofen und dann am Gebirge entlang auf einer malerischen Strecke nach Ingweiler und Neuweiler. Von Neuweiler noch später!

Von Sulz u. Wald kann man aber auch auf der N 63 nach Surburg (frühromanische Stiftskirche) gelangen. Hinter Surburg biegen wir dann nach Walburg ab und besichtigen die überwiegend gotische Kirche, die durch schöne Glasmalereien ausgezeichnet ist. In der Kirche liegt Herzog Friedrich von Schwaben, der Vater von Kaiser Friedrich I. Barbarossa, begraben.

Fahren wir weiter nach Süden, so kommen wir nach Hagenau, wo einst eine prächtige staufische Kaiserpfalz stand. Sie wurde 1677 abgetragen, damit von den Steinen die französische Festung Fort-Louis erbaut werden könne. Die Stadt wurde von den Truppen Ludwigs XIV. bis auf die Grundmauern zerstört. Es blieben nur wenige Gebäude stehen, darunter die im Kern romanische, gotisch überformte St. Georgskirche. Der Wiederaufbau erfolgte unorganisch und erbrachte nur einige Barockhäuser.

Wenden wir uns nach Westen über Pfaffenhofen und Buchsweiler (Bouxwiller), das ehemalige hanau-lichtenbergische Residenzstädtchen, dem schon erwähnten Neuweiler zu. Dort finden wir neben schönen Häuserpartien die ehemalige Abteikirche, die Sebastianskapelle mit schönen mittelalterlichen Wandteppichen, die der Ortsgeistliche gerne zeigt, und die evangelische St. Adelphikirche. Die Abteikirche ist ein Musterbeispiel der Stile von der frühen Romanik bis zum frühen Klassizismus.

Nicht weit ist es bis St. Johann (St. Jean-Saverne) mit der rein romanischen Kirche eines ehemaligen Benediktinerinnenklosters, in der man sich die von den Benediktinerinnen gefertigten zehn Wirkteppiche, die teils aus dem 15., in der Mehrzahl aber aus dem 16. Jahrhundert stammen, zeigen lassen kann.

Zabern (Saverne) war einst eine wichtige bischöfliche Stadt mit der auf hohen Sandsteinfelsen gebauten Burg Hohbarr. In der Stadt neben schönen Häusern hauptsächlich das von Bischof Rohan-Guéméné, dem durch die sogenannte Halsband-Affaire bekannt gewordenen Kardinal, nach 1779 erbaute Neue Schloß mit einer prächtigen Fassade. Manche lockt auch der Rosengarten an.

Nebenbei bemerkt: Sandsteinburgen wie den Hohbarr können wir auch in weiten Wäldern versteckt finden, wenn wir z. B. von Weißenburg über Lembach nach Westen fahren, wo wir auf den riesigen Fleckenstein mit seinen Felskammern und Felsgängen, ferner auf den sagenumwobenen Wasigenstein, auf Schöneck, die beiden Windstein, den Falkenstein mit seinen fantastischen Erosionsbildungen u. a. stoßen.

Von Zabern lohnt sich ein Abstecher zu dem schön gelegenen Luftkurort Lützelstein (La Petite Pierre) mit empfehlenswerten Gasthäusern, einer ehemaligen Burg in dem Bergstädtchen, die durch Vauban zur Gebirgsfestung ausgebaut wurde. Nach 1871 wurden die Befestigungsanlagen überwiegend niedergelegt.

Auch Fahrten durch Waldtäler nach Pfalzburg (Phalsbourg) oder zu dem herrlichen Aussichtspunkt Dagsburg (Dabo), wo vielleicht der spätere Papst Leo IX. zur Welt gekommen ist, sind empfehlenswert.

Von Zabern fahren wir südwärts und halten in Maursmünster (Marmoutier), um die wuchtige romanische Fassade der einstigen Klosterkirche, eine wahren Kirchenburg, zu betrachten. Vielleicht hören wir zufällig die große Silbermannorgel erklingen. Weiter südwärts geht’s auf der N 4, dann auf der N 422. Zur Linken liegt der Kochersberg und das Ackerland, fruchtbarstes Bauernland mit schönen und reichen Bauerndörfern, in denen Mais, Weizen, Hopfen und Tabak erzeugt wird, vor uns.

Wieder weiter südlich, bevor wir nach Molsheim kommen, finden wir den „Dompeter“ bei Avolsheim, der als älteste Kirche im Elsaß gilt.

Molsheim an der D 422 war zwischen der Reformationszeit und der Inbesitznahme Straßburgs durch Frankreich Sitz der katholischen Akademie und späteren Universität unter Leitung der Jesuiten. Die Kirche erscheint bei flüchtiger Betrachtung spätgotisch, bis man merkt, daß sie aus späterer Zeit stammt und in ihr eigentlich der Geist der Renaissance vorherrscht. Sehr hübsch ist der Marktplatz mit dem Rathaus (Mairie).

Straßburg lassen wir zunächst im Osten liegen, fahren weiter nach Süden und kommen in das Gebiet des Odilienberges, des „heiligen Berges des Elsaß“. Hier vereinigen sich idyllische und großartige Schönheit, bemerkenswerte historische Überlieferungen aus grauer Vorzeit und die religiöse Weihe der Wallfahrt zur Gedenkstätte der hl. Odilia, eines Gliedes der Etichonenfamilie, der auch Papst Leo IX. angehört hat. Sie wird, da sie selber blind geboren und durch ein Wunder sehend geworden war, besonders bei Augenleiden angerufen. In ihrer Gestalt vermischen sich historische Geschehnisse und uralte mythische Gestalten. Mindestens zur Keltenzeit trug der Berg ein großes Heiligtum und war wohl ein Fürstensitz, an den sich eine große Fluchtburg anschloß, von der die „Heidenmauer“, ein Bollwerk aus mächtigen Felsbrocken, 15 km um die Bergkuppe herumführend, noch kündet. Es lohnt sich, zumindest ein Stück weit an ihr entlangzugehen, teils durch schöne Wälder, teils auf Wegen, die überwältigende Blicken über die rebenbewachsenen Vorhügel mit zahlreichen Dörfern und Städtchen, bei guter Sicht über die ganze Rheinebene, den Schwarzwald und bis zu den Alpen ermöglichen.

Vom alten Kloster, das die Hohenstaufen unter ihren persönlichen Schutz genommen hatten, sind hauptsächlich die Kapelle und ein darübergelegener Raum erhalten. An der Flanke des Berges im weiteren Umkreis sind aber erstaunlich zahlreiche Zeugen aus jener Zeit in Gestalt sehr schöner Burgen wie Landsberg, Rathsamhausen, Lützelburg, Dreistein, weiter drüben Hohandlau und Spesburg, und malerische Städtchen wie Rosheim, Oberehnheim (Obernai), Börsch, Barr und Andlau mit der berühmten Abteikirche, worin die Kaiserin Richardis, die Gemahlin Kaiser Karls III. des Dicken, begraben liegt.

Wer einmal Adelbert von Chamissos Gedicht „Das Riesenspielzeug“ (Burg Niedeck liegt im Elsaß …) gelernt hat, wird gern diese Burg und einen kleinen Wasserfall bei einer Wanderung von Urmatt über Niederhaslach und Oberhaslach aufsuchen und dabei auch schöne Kirchen besichtigen.

Überall in dieser Gegend wächst ein köstlicher Wein, der in Gaststätten ausgeschenkt wird, denn hier beginnt das eigentliche elsässische Weinbaugebiet, das sich an die 80 km bis nach Thann erstreckt mit Höhepunkten in Heiligenstein, Ittersweiler, St. Pilt (St. Hippolyte), Rappoltsweiler (Ribeauvillé), Hunaweier, Reichenweier (Riquewihr), Zellenberg, Kaysersberg, Ammerschweier, Türkheim, Egisheim, Gebweiler, Thann. Noch viele andere Orte wären zu nennen. Jeder probiere, welcher Tropfen ihm am besten mundet, vergesse aber nicht, daß diese edelsten Erzeugnisse des Weinbaus am Rhein entlang – Gewürztraminer, Muskat, Riesling, Tokaier, Schwarzburgunder (Pinot), Gutedel (Chasselas), Edelzwicker – für den, der sie nicht gewohnt ist, gefährlich sein können. Alle Weine sind gepflegt, und wer kaufen will, läßt sich bei einem Rebbauern eine Weinprobe geben und kauft am besten dort.

Südlich vom Odilienberg kommen wir durch hübsche Dörfer und Städtchen wie Dambach, Kestenholz (Châtenois), Bergheim (letztgebauter deutscher Soldatenfriedhof) und Rappoltsweiler (Ribeauvillé) mit seinen drei Burgen, unter denen besonders die schöne Ulrichsburg hervorsticht.

In Hunaweier bietet die Kirche, eine Simultankirche, mit dem befestigten Friedhof ein malerisches Bild. Reichenweier (Riquewihr) ist eines der schönsten elsässischen Städtchen, aber ein an Sonn- und Feiertagen wie in der Urlaubszeit sehr überlaufener Ort. Reichenweier war der Hauptort der mit der Grafschaft Horburg vereinigten Herrschaft Reichenweier und befand sich bis 1793 jahrhundertelang im Besitz des herzoglichen Hauses Württemberg. Das 16. und das 17. Jahrhundert haben hier ein Ortsbild entstehen lassen, das an malerischen Reizen seinesgleichen sucht. Vor allem in der Langen Straße (Rue du Général de Gaulle), in der Rösselgasse (Haus Würtz), in der Hirschengasse (Haus Kiener) und in der Neutorgasse (Rue de la 1ère Armée) finden sich hervorragende Beispiele bürgerlichen Wohnbaus. Die evangelische Kirche ist dagegen ein nüchterner Bau aus dem 19. Jahrhundert.

Kaysersberg, war freie Reichsstadt und weist eine bemerkenswerte Pfarrkirche aus dem Spätmittelalter auf. Die Altstadt ist weitestgehend noch von Mauern umgeben und wetteifert an malerischen Reizen mit Reichenweier. Kaysersberg ist der Geburtsort von Albert Schweitzer; der Straßburger Münsterprediger Johann Geiler von Kaysersberg ist in der Stadt aufgewachsen.

Auch Türkheim galt als freie Reichsstadt und gehörte zum elsässischen Zehnstädtebund. Das Straßenbild prägen schöne Häuser des 16. und des 17. Jahrhunderts, einige weisen Erker auf. Die Kirche ist ein klassizistischer Bau aus dem 19. Jahrhundert. Das Städtchen Egisheim, legt sich konzentrisch um die Burg, den Stammsitz der Grafen von Egisheim. Aus diesem Geschlecht stammte Graf Bruno, der 1048 auf Vorschlag Kaiser Heinrichs III. in Worms zum Papst gewählt wurde und sich Leo IX. nannte. Das Stadtbild ist von höchstem malerischem Reiz. Für den staufischen Burgenbau ist die Burg von großer entwicklungsgeschichtlicher Bedeutung. Die Kirche dagegen ist ein Neubau aus dem 19. Jahrhundert.

Viel weiter südwärts liegen Rufach, das eine schöne, überwiegend gotische Kirche und eine Szenerie auf dem Kirchplatz, die für Freilichtspiele wie geschaffen ist, aufweist, und Gebweiler mit der barocken Liebfrauenkirche und der romanischen St. Leodegarkirche. Nicht weit davon finden wir Lautenbach und Murbach mit dem Rest einer romanischen Kirche. Diese liegt in einem großartigen Waldtal im Gebiet der höchsten Berge des Elsaß.

Schließlich sei, noch weiter südlich liegend, Thann mit seinem gotischen Münster, von dem gesagt wird, es sei das „feinste am Oberrhein“, genannt.

Wer bis Thann und Gebweiler fährt, sollte nicht versäumen, einen Abstecher ostwärts in Richtung der Autobahn und des Neuenburger Rheinübergangs zu machen, um die Kirche von Ottmarsheim zu besichtigen. Sie ist einer der ganz seltenen Zentralbauten in Westeuropa und wurde um 1050 von dern frühen Habsburgern, die ja aus dem Elsaß stammten, unter Anlehnung an Karls des Großen Aachener Dom als Grablege erbaut, aber nie zu diesem Zweck genutzt.

Nach diesem Abstecher wenden wir uns dem Gebirge zu.

Bei Thann, genauer bei Sennheim (Cernay), beginnt die Kammstraße (Route des Crêtes), die zum größten Teil zwischen 1914 und 1918 von der französischen Armee, die damals den südwestlichsten Teil des Reichslandes Elsaß-Lothringen besetzt hielt, so angelegt wurde, daß von den deutschen Truppen keine Einsicht genommen werden konnte. Sie führt uns in die Hochvogesen hinter dem heißumkämpften Hartmannsweiler-Kopf (Vieil Armand) vorbei, um den Ströme von Blut geflossen sind, zum Großen Belchen (Grand Ballon), zum Hohneck, zur Schlucht, zu dem alpinen Weißen See (auch der Schwarze See ist in der Gegend) und über den Col du Bonhomme, der schon immer im französischen Sprachgebiet lag, nach Markirch, dessen französischer Name St. Marie aux Mines daran erinnert, daß dieser Ort einmal eine Bergwerkstadt gewesen ist.

Sehr lohnend ist es, unterwegs einmal auszusteigen und etwa beim Tanneck (Tanet) ein Stück auf dem Kamm zu wandern. Bei guter Sicht reicht der Blick im Norden bis zum Donon, im Süden bis zu den Alpen, im Osten bis zum Schwarzwald und im Westen weit über die Berge und Wälder der Westvogesen ins ehemalige Herzogtum Lothringen.

Eine weitere lohnende Fahrt: Von der Schlucht die schöne Schluchtstraße abwärts bis Münster, von dort über Hohrodberg zu dem im Ersten Weltkrieg hart umkämpften Lingenkopf (Linge), dann entweder über Urbeis (Orbey) nach Kaysersberg, Kienzheim, Sigolsheim hinaus in die Rheinebene oder vom Lingenkopf über den Nebenkamm ostwärts nach Drei Ähren (Trois Épis), von wo sich wieder eine großartige Fernsicht bietet und man entweder über Türkheim oder Niedermorschweier wieder hinunter in das Rebgebiet gelangt.

Von den vielen lohnenden Zielen nennen wir nur noch die Hohkönigsburg, einst eine Stauferburg, die 1899 von derStadt Schlettstadt (Séléstat) dem Deutschen Kaiser Wilhelm II. geschenkt und von diesem wiederaufgebaut wurde. An Sonn- und Feiertagen wie in der Urlaubszeit ist diese Burg überlaufen. Sie liegt wunderbar und ist vom Rheintal aus weithin sichtbar.

Im mittleren Elsaß, westlich vom Odilienberg, bietet das Hochfeld (Champ du Feu) – auch ein Skigebiet – an klaren Tagen eine umfassende Fernsicht, ebenso der Donon, nordwestlich vom Hochfeld, von dem aus man eine weite Sicht über das unermeßliche Waldgebiet bis nach Lothringen hat. Der Donon war ein kultisches Zentrum der Kelten und hat eine Reihe archäologischer Altertümer ans Licht gelangen lassen.

Und nun auch Straßburg. Hier kann nur angedeutet werden.

Straßburg, ursprünglich eine bischöfliche Stadt, in der sich die Kaiser des mittelalterlichen Deutschen Reiches oft aufhielten, erkämpfte sich im 13. Jahrhundert die Stellung einer freien Stadt des Reiches, galt im Mittelalter als Großstadt, trieb ausgedehnten Handel mit Wein und Tuch, beherbergte eine reiche und stolze Bürgerschaft, die selbständige Politik trieb und Verbindungen zu den anderen süddeutschen Reichsstädten wie Nürnberg, Augsburg, Frankfurt pflegte. Zeuge des einstigen Reichtums und des Selbstbewußtseins der ehemaligen freien Stadt ist vor allem das weltbekannte Münster mit seinem 142 m hohen Turm, dem Wahrzeichen der Stadt, die, nachdem sie die Herrschaft des Bischofs abgeworfen hatte, den Bau des Münsters als eigene Sache betrieb. Statuen wie die Ecclesia (Kirche) und die Synagoge am Südportal, der Engelspfeiler (eigentlich eine Darstellung des Jüngsten Gerichts) zählen zu den schönsten Schöpfungen der frühen Gotik, und die astronomische Uhr, die täglich um 12 Uhr 30 die astronomische Mittagsstunde angibt, sollte man sich nicht entgehen lassen. Die vielen wertvollen Glasmalereien haben viele Kriege überstanden. Wer 330 Stufen nicht scheut, mag die Plattform des Münsters (66 m hoch) besteigen und den herrlichen Rundblick genießen.

Es lohnt sich auch der Besuch des Frauenhausmuseums, das am Münsterplatz steht; das Gebäude war derSitz der Münsterbauhütte. Das Museum birgt unter anderem mittelalterliche Pläne zum Münsterbau und viele originale Bildwerke. Östlich davon hat einstmals der „Fronhof“ gestanden, der alte Bischofssitz, bis zwischen 1730 und 1742 an seiner Stelle das Rohanschloß erbaut wurde, das das ur- und frühgeschichtliche Museum und die Kunstsammlungen der Stadt Straßburg beherbergt. Um einen Eindruck von der Stadt zu erhalten, wandert man am besten, vom Münsterplatz ausgehend, kreuz und quer durch die Straßen und Gassen und Gäßchen. Erwähnt sei nur das Kammerzellsche Haus neben dem Münster, der Rabenhof unweit von der Rabenbrücke, einer der bemerkenswertesten alten Höfe Straßburg, einst ein bekanntes Hotel, in dem Oxenstierna, der Kanzler des schwedischen Königs Gustav II. Adolf, Friedrich der Große und der römisch-deutsche Kaiser Joseph II. abgestiegen sind.

Wer offenen Auges durch die Stadt geht, wird viel Schönes entdecken, mittelalterliche, renaissancezeitliche und barocke Häuserfronten, prächtige Balkone mit Eisengittern, lauschige Erker, geschnitzte eichene Türen, den noch erhaltenen Teil des alten Rathauses am Gutenbergplatz, auf dem sich ein Denkmal für Gutenberg befindet, den Hanauer Hof am Broglieplatz, der heute als Rathaus dient, einst „Stadthaus“ der Landgrafen von Hessen-Darmstadt und Herren der Grafschaft Hanau-Lichtenberg, den Zweibrücker Hof, einst Sitz der Pfalzgrafen von Pfalz-Zweibrücken, in dem der spätere König Ludwig I. von Bayern 1786 zur Welt gekommen ist.

Nicht zu vergessen sind die Kirchen. Außer dem Münster sind bemerkenswert die wuchtige evangelische Hauptkirche der Stadt, die St. Thomaskirche aus dem 14. Jahrhundert, die alte Grabsteine und das monumentale Marmorgrabmal des Marschalls Moritz von Sachsen aufweist, und die Wilhelmerkirche, um 1300 für den Orden der Wilhelmiten erbaut; sie ist durch schöne Glasmalereien ausgezeichnet. Seit 1534 dienst sie als evangelische Kirche.

In dem nach 1871 entstandenen neuen Stadtteil sind der ehemalige Kaiserpalast an der heutigen Place de la République, das Regierungsgebäude und das Gebäude des Landtages des Reichslandes Elsaß-Lothringen und die Universitätsbibliothek erwähnenswert. Das ganze neue Stadtviertel ist ein hervorragendes Beispiel großzügiger Stadtplanung aus der Zeit vor der Jahrhundertwende. Beachtenswert ist auch das nach 1872 erbaute Universitätsgebäude und das Goethedenkmal. Dieses während der Reichslandzeit entstandene Viertel erfreut sich seit einiger Zeit besonderer Wertschätzung und der Zuwendung von seiten der Kunsthistoriker und der Architekten.

Im Norden, ein wenig außerhalb der Stadt, befindet sich der Sitz des Europarates und diesem gegenüber der alte und gut gepflegte Stadtgarten, die Orangerie.


Weitere des Besuches werte Orte seien im folgenden genannt!

40 km südlich von Straßburg liegt die ehemalige Reichsstadt Schlettstadt (Sélestat). Neben der von Kaiser Friedrich Barbarossas Urgroßmutter, Hildegard von Egisheim, und deren Söhnen gestifteten romanischen St. Fideskirche und der großzügigen gotischen Stadtkirche St. Georg ist vor allem die Humanistenbibliothek sehenswert. Sie zählte zu den berühmtesten Bibliotheken der Welt. Die Schlettstädter Humanistenschule mit Beatus Rhenanus und Johann Wimpfeling spielte im Deutschland des frühen 16. Jahrhunderts eine führende Rolle.

20 km südlich von Schlettstadt erreichen wir Colmar, das einst mit Stadt und Tal Münster, Türkheim, Kaysersberg, Schlettstadt, Oberehnheim, Rosheim, Hagenau, Weißenburg und Landau den elsässischen Zehnstädtebund bildete, ein Schutzbündnis dieser zehn Reichsstädte, ähnlich dem Schwäbischen Städtebund.

Alle diese Städte wurden 1673 durch des französischen Königs Ludwig XIV. Drohungen zur Übergabe und zur Unterwerfung unter Frankreich gezwungen und auf dessen Befehl ihrer Mauern beraubt.

Colmar bietet viele guterhaltene, malerische Straßen- und Platzbilder sowie das Martinsmünster, vor allem aber den großartigen Isenheimer Altar von Mathis Nithart/Grünewald, der im Unterlindenmuseum verwahrt wird. Er ist eines der berühmtesten und großartigsten Werke der Malerei aller Zeiten.

Schon im Mittelalter war Colmar Mittelpunkt des elsässischen Weinbaus. Von Colmar wurden die guten Tropfen auf der Ill nach Straßburg gebracht, um dann auf dem Rhein nach Frankfurt und in die Niederlande verfrachtet zu werden.

Colmar ist der gegebene Ausgangspunkt für Ausflüge in das nahe Münstertal (Hoheneck, Schlucht, Kahler Wasen) und ins Kaysersberger Tal, nach Reichenweier, Rappoltsweiler, Egisheim, Rufach u. a. Feinschmecker kommen hier auf ihre Rechnung.

Wer Freude an schöner, handgemachter Töpferei hat, sollte Sufflenheim, östlich vom Hagenauer Forst, und Betschdorf, nördlich von diesem ausgedehnten Waldgebiet gelegen, besuchen. Das Sufflenheimer irdene Geschirr mit seinen bunten Mustern ist sehr preiswert. Schon im frühen Mittelalter war dieses Dorf ein Mittelpunkt des Töpferhandwerks im Elsaß. In Betschdorf wird graues, blau gemustertes Steingut hergestellt.

Vergessen wir nicht Sesenheim, durch Goethe bekannt, das ein kleines Goethemuseum aufweist, und an einem ganz anderen Ende des Elsaß das Steintal, durch das Wirken Johann Friedrich Oberlins bekannt geworden. Noch heute ist es eine arme, aber sehr reizvolle Gegend. Als Orte seien genannt Rothau, Fouday, Waldersbach.

Zum Glück hat sich vieles im Elsaß seit dem 2. Weltkrieg äußerlich nicht verändert. Der Elsässer läßt sich nicht so schnell für Neuerungen begeistern. Straßburg ist dagegen seit dem Ende des 2. Weltkrieges enorm gewachsen und hat sich ausgedehnt. Viele sind aus dem Inneren Frankreichs ins Elsaß eingewandert oder ins Elsaß versetzt worden, so daß sich das Leben in den Städten nicht mehr sonderlich von dem Leben einer innerfranzösischen Stadt unterscheidet. Wer die Eigenart des Elsaß kennenlernen will, muß sich mehr auf dem Lande orientieren.

Was die Industrie betrifft, wird jedem auffallen, daß sie im Elsaß bedeutend schwächer vertreten ist als auf badischer Seite, so daß das wirtschafliche Übergewicht heute auf der rechten Rheinseite liegt und Zehntausend aus dem Elsaß als Pendler in der Schweiz, in Baden und in der Pfalz arbeiten.




Zum besseren Verständnis bei Fahrten ins Elsaß


Bei der Rückfahrt aus dem Elsaß wird sich mancher sagen: Nun bin ich durch eine Landschaft mit meist deutschen Ortsnamen gefahren. Die Dörfer und Städte könnten genausogut in Baden, in Württemberg, in der Schweiz liegen, sehr viele Leute verstehen mich, und ich verstehe sie, wenn ich sie in meiner Sprache oder Mundart anrede, aber die Orts-, die Straßen- und die Firmenschilder sind französisch, obwohl die Namen der Geschäftsinhaber deutschen Ursprung verraten. Ein merkwürdiges Land!

Das Elsaß war einst, mit Ausnahme einiger der hinteren Vogesentäler rein deutschsprachig. Noch im Jahre 1918 konnte lediglich die Bourgeoisie französisch; wenn sie französisch sprach, dann oft mit schlechtem Akzent. Nach 1918 aber setzte eine zielbewußte Sprachenpolitik, wie sie vor 1870 nur in Ansätzen betrieben worden war. Alle Beschilderungen mußten französisch sein. In der Schule wurde nach der „méthode directe“, die dem Lehrer jeglichen Gebrauch der deutschen Sprache untersagte, unterrichtet. Viele Lehrer wurden aus dem Inneren Frankreichs ins Elsaß versetzt. Das gab oft groteske Situationen, führte aber auch zur Schädigung der geistigen Entwicklung einer Generation, die von den Behörden selbst als „geopferte Generation“ bezeichnet wurde.

In hartnäckigem Kampf wurde in den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg erreicht, daß in einigen Wochenstunden wieder deutsch unterrichtet werden durfte. Die Kirchensprache war damals fast überall noch Deutsch.

Im Zweiten Weltkrieg kamen das Elsaß und der Teil Lothringens, der vor 1919 zum Deutschen Reich gehört hatte, wieder unter deutsche Herrschaft. Jetzt mußten alle französischen Beschriftungen verschwinden, und die Schulkinder mußten sich auf deutschen Unterricht umstellen, was allerdings aufgrund der elsässischen Mundart so schwer nicht war.

Viele Mißgriffe führten dazu, daß das 1945 nach dem Zusammenbruch Deutschlands zurückgekehrte Frankreich es nicht sehr schwer hatte, den Französisierungsvorgang neu aufzugreifen und verstärkt fortzuführen.

Vom fast obligatorisch gewordenen Kindergarten an über die Volksschule durfte kein Kind deutsch oder die im Elternhaus übliche Mundart hören und sprechen, und selbst auf dem Schulhof war die Mundart, oft bei Strafe, verboten.

Gleiches gilt für die Massenmedien – Presse, Rundfunk, Fernsehen –, die im Laufe der vergangenen Jahrzehnte immer stärker prägend geworden sind. In den Jahren nach 1980 ist die deutsche Sprache besonders deutlich zurückgedrängt worden. So kommt es, daß die jüngere Generation kaum noch deutsch sprechen kann oder nur so viel, wie sie von Sendungen des deutschen Rundfunks und Fernsehens mitbekommt.

Diese Ausführungen möchten dem deutschen Besucher erklären, warum so vieles im Elsaß anders ist, warum alle Straßen- und Ortsnamen, alle Anzeigen, auch Familienanzeigen nur französisch erscheinen dürfen. Er sollte aber getrost in seiner Sprache reden, denn nicht jeder, den er anspricht, kommt aus dem Inneren Frankreichs und spricht nur französisch.