Das Wissenschaftliche Institut
der Elsaß-Lothringer im Reich


Das „Wissenschaftliche Institut der Elsaß-Lothringer im Reich [ab 1926: an der Universität Frankfurt am Main]“ wurde 1920 gegründet.

Der Zweck dieses Instituts war die Pflege der gemeinsamen wissenschaftlichen und kulturellen Interessen der nach dem Ersten Weltkrieg aus Elsaß-Lothringen Vertriebenen oder mehr oder weniger freiwillig Ausgewanderten. Darüber hinaus sollte das Institut in ganz Deutschland das Verständnis für die Bedeutung von Elsaß-Lothringen für die deutsche Kultur wachhalten und erweitern. Politische Bestrebungen waren dabei ausgeschlossen.

Im Februar 1921 erging von der damals noch jungen Universität Frankfurt am Main das Angebot, das Institut der Elsaß-Lothringer im Reich in den Kreis ihrer Einrichtungen aufzunehmen. Der bereits 1920 gewählte Vorstand des Instituts traf im April 1921 mit der Stadt Frankfurt am Main feste Abmachungen. Zu Beginn des Wintersemesters eröffnete der katholische Theologe Professor Dr. Albert Ehrhard als 1. Vorsitzender das Institut mit einer in der Aula des Senckenbergianums gehaltenen Rede über „Ziel und Aufgabe des Wissenschaftlichen Instituts der Elsaß-Lothringer im Reich“. Im Jahre 1926 konnte in Zusammenwirken des Instituts mit der Stadt Frankfurt am Main und dem preußischen Kultusministerium der Neubau Bockenheimer Landstraße 127 (siehe Abbildung) erworben werden. Dadurch schied das Institut zwar räumlich aus der Universität aus, doch blieb die Verbindung erhalten. Das Institut wurde Lehrzwecken der Universität dienstbar gemacht, der Rektor der Universität gehörte kraft Amtes dem Vorstand des Instituts an, in dem stets auch zwei ordentliche Professoren der philosophischen Fakultät vertreten waren. 

Vorsitzende des Instituts waren bis 1945 stets Alt-Elsässer: Dem katholischen Theologen Albert Ehrhard folgte der evangelische Kirchenhistoriker Professor Dr. Gustav Anrich (1924–1930), diesem der Professor für Archäologie und Architekturgeschichte Dr. Daniel Krencker (1931–1941). Der letzte Vorsitzende war Dr. Rudolf Schwander, bis 1918 Bürgermeister von Straßburg, dann letzter Kaiserlicher Statthalter in Elsaß-Lothringen, schließlich bis 1932 Oberpräsident der Provinz Hessen-Nassau.

Generalsekretär des Instituts war von 1920 bis 1935 Professor Dr. Georg Wolfram, der letzte Direktor der Kaiserlichen Universitäts- und Landesbibliothek Straßburg. Ihm folgte Professor Dr. Paul Wentzcke im Amt des Generalsekretärs.

Das Institut organisierte akademische Vortragsreihen, verlieh Preise und schuf eine Bibliothek von rund 25 000 Einheiten. Bei der Bombardierung Frankfurts wurde eine sehr große Zahl alter Straßburger und elsässischer Drucke vernichtet. Was den Krieg überstanden hat, wird heute als Dauerleihgabe von der Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt am Main verwahrt. Diese ist bemüht, neuerschienene Alsatica und Lotharingica zu erwerben und der Bibliothek einzufügen.

Auch ein Archiv baute das Institut auf. Es sollte vor allem Nachlässe führender Persönlichkeiten des ehemaligen Reichslandes Elsaß-Lothringen aufnehmen, tätigte aber auch Ankäufe und erwarb Schriftgut als Depositum. Eine Bildstelle sammelte graphische Blätter alter und neuer Meister der elsässischen und der lothringischen Kunstgeschichte und baute eine Sammlung von Fotografien auf. Diese Sammlungen sind 1944 durch die Bombardierung vollständig vernichtet worden.

Die Hauptaufgabe des Instituts bestand jedoch in der Weiterführung und im Abschluß großer, vor 1914 an der damaligen Kaiser-Wilhelms-Universität zu Straßburg begonnener Werke, soweit sie gegenständlich im Zusammenhang mit dem Elsaß und Lothringen standen. In den 25 Jahren seines Bestehens gab das Institut rund 140 Werke heraus, darunter große elsässische Quellenwerke, regte Dissertationen und wissenschaftliche Untersuchungen an. Zu nennen ist in erster Linie das „Elsaß-Lothringische Jahrbuch“, von dem in den Jahren 1922 bis 1943 21 Bände erschienen. Von großer Bedeutung ist ferner der „Elsaß-Lothringische Atlas“ und das vier große Quartbände umfassende Werk „Das Reichsland Elsaß-Lothringen 1871–1918“. Eine so große Anzahl gewichtiger Veröffentlichungen, wie sie das „Institut der Elsaß-Lothringer im Reich an der Universität Frankfurt am Main“ in kaum mehr als 20 Jahren herausbrachte, dürfte kaum eine andere wissenschaftliche Einrichtung jemals vorzulegen in der Lage gewesen sein. Die Arbeit des Instituts fand aufgrund seiner wissenschaftlichen Leistungen in der akademischen Welt und darüber hinaus große Anerkennung. Es mußte seine Tätigkeit 1945 einstellen.